Gedichte
Altes Kaminstück von Heinrich Heine Auf eine Christblume von Eduard Mörike Weihnacht von Elisabeth Dauthendey Wünsche zum Neuen Jahr von Peter Rosegger Zum Neujahr von Wilhelm Busch
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Altes Kaminstück
Draußen ziehen weiße Flocken Durch die Nacht, der Sturm ist laut; Hier im Stübchen ist es trocken, Warm und einsam, stillvertraut.
Sinnend sitz ich auf dem Sessel, An dem knisternden Kamin, Kochend summt der Wasserkessel Längst verklungne Melodien.
Und ein Kätzchen sitzt daneben, Wärmt die Pfötchen an der Glut; Und die Flammen schweben, weben, Wundersam wird mir zu Mut.
Dämmernd kommt heraufgestiegen Manche längst vergessne Zeit, Wie mit bunten Maskenzügen Und verblichner Herrlichkeit.
Schöne Frauen, mit kluger Miene, Winken süßgeheimnisvoll, Und dazwischen Harlekine Springen, lachen, lustigtoll.
Ferne grüßen Marmorgötter, Traumhaft neben ihnen stehn Märchenblumen, deren Blätter In dem Mondenlichte wehn.
Wackelnd kommt herbei geschwommen Manches alte Zauberschloss; Hintendrein geritten kommen Blanke Ritter, Knappentross.
Und das alles zieht vorüber, Schattenhastig übereilt - Ach! da kocht der Kessel über, Und das nasse Kätzchen heult.
Heinrich Heine
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Auf eine Christblume
Tochter des Waldes, du Lilienverwandte, So lang von mir gesuchte, unbekannte, Im fremden Kirchhof, öd und winterlich, Zum ersten Mal, o schöne, find ich dich!
Von welcher Hand gepflegt du hier erblühtest, Ich weiß es nicht, noch wessen Grab du hütest; Ist es ein Jüngling, so geschah ihm Heil, Ist's eine Jungfrau, lieblich fiel ihr Teil.
Im nächtigen Hain, von Schneelicht überbreitet, Wo fromm das Reh an dir vorüberweidet, Bei der Kapelle, am kristallnen Teich, Dort sucht ich deiner Heimat Zauberreich.
Schön bist du, Kind des Mondes, nicht der Sonne; Dir wäre tödlich andrer Blumen Wonne, Dich nährt, den keuschen Leib voll Reif und Duft, Himmlischer Kälte balsamsüße Luft.
In deines Busens goldner Fülle gründet Ein Wohlgeruch, der sich nur kaum verkündet; So duftete, berührt von Engelshand, Der benedeiten Mutter Brautgewand.
Dich würden, mahnend an das heilge Leiden, Fünf Purpurtropfen schön und einzig kleiden: Doch kindlich zierst du, um die Weihnachtszeit, Lichtgrün mit einem Hauch dein weißes Kleid.
Der Elfe, der in mitternächtiger Stunde Zum Tanze geht im lichterhellen Grunde, Vor deiner mystischen Glorie steht er scheu Neugierig still von fern und huscht vorbei.
Im Winterboden schläft, ein Blumenkeim, Der Schmetterling, der einst um Busch und Hügel In Frühlingsnächten wiegt den samtnen Flügel; Nie soll er kosten deinen Honigseim.
Wer aber weiß, ob nicht sein zarter Geist, Wenn jede Zier des Sommers hingesunken, Dereinst, von deinem leisen Dufte trunken, Mir unsichtbar, dich blühende umkreist?
Eduard Mörike
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Weihnacht
Ein Augenblick im Meer der Zeiten, In dem die stillen Stimmen tönen, Die sonst der Tag verdeckt mit seinem lauten schrei'n Der Augenblick, indem die Kerzen brennen, Die heiligen Kerzen, die der Liebe leuchten, Da jedes Herz es ahnt was Friede sei. -
In dieser Stille zwischen heut und morgen, In dieser Handvoll weniger Minuten, Besinnt der Mensch sich auf sein tiefstes Glück Lauscht auf die leise Melodie der Liebe - Und geht dann neu zu seinem Tag zurück.
Elisabeth Dauthendey
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Wünsche zum neuen Jahr
Ein bisschen mehr Friede und weniger Streit. Ein bisschen mehr Güte und weniger Neid. Ein bisschen mehr Liebe und weniger Hass. Ein bisschen mehr Wahrheit das wäre was.
Statt so viel Unrast ein bisschen mehr Ruh. Statt immer nur Ich ein bisschen mehr Du. Statt Angst und Hemmung ein bisschen mehr Mut. Und Kraft zum Handeln, das wäre gut.
In Trübsal und Dunkel ein bisschen mehr Licht. Kein quälend Verlangen, ein bisschen Verzicht. Und viel mehr Blumen, solange es geht. Nicht erst an Gräbern, da blühn sie zu spät.
Ziel sei der Friede des Herzens, besseres weiß ich nicht.
Peter Rosegger
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Zu Neujahr
Will das Glück nach seinem Sinn dir was Gutes schenken, sage Dank und nimm es hin ohne viel Bedenken. Jede Gabe sei begrüßt, doch vor allen Dingen das, worum du dich bemühst möge dir gelingen.
Wilhelm Busch
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