Weihnachtliche Geschichten:

 

Weihnachtskarton mit Erinnerungswerten
Auszug aus: Kindheitsweihnacht...

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Weihnachtskarton mit Erinnerungswerten

Es ist seltsam: Ab Mitte November stelle ich bei mir eine leise Ungeduld fest, denn draußen wird es dann kalt und ungemütlich, der Garten hat sich zu einem Winterschläfchen eingemummelt und mir fehlt das Licht und die warmen Farben der wärmeren Jahreszeiten.
Dann spätestens hole ich einen großen Karton hervor in dem sich die alten Weihnachtserinnerungen befinden. Erinnerungen deshalb, weil da noch Dinge aufgehoben sind die ich vor vielen, vielen Jahren zusammen mit einer Jugendfreundin gebastelt habe. Da ist eine orientalische Stadt aus schwarzem Fotokarton und buntem Transparentpapier. Ich kann mich noch erinnern wie wir damals zusammen saßen und erzählten, die Kerzen brannten und wir naschten beim ausschneiden und bekleben dieser leuchtenden Stadt mit ihren Zwiebeltürmen. Wir tranken Glühwein, nein ich nicht weil ich keinen mochte, aber sie trank gerne Glühwein. An manchen Abenden hatten wir auch keine Lust auf Plätzchen und wir liefen in ihre winzige Küche und kochten Tortellini und Tomatensauce. Oder Lasagne. Das waren „unsere“ Gerichte. Wir kannten uns schon seit dem 2.Schuljahr, hatten die ganze Schulzeit und die ersten Liebschaften miteinander durchlebt und unsere Gespräche waren durchwirkt von Vergangenem und von den Träumen und Visionen, von Wünschen für unsere Zukunft. Manchmal lästerten wir auch so richtig über diese und jene Leute und lachten und lachten, wenn wir gerade etwas wieder mal so wahnsinnig lustig fanden. Es waren schöne Zeiten damals, als die orientalische Stadt und unzählige andere Basteleien zusammen mit meiner besten vertrauten Freundin entstanden sind. Nun ist sie schon seit vielen Jahren in eine Großstadt im Süden Deutschlands gezogen und wir sehen uns nur noch sehr selten. Dann dauert es auch immer etwas länger wenn wieder 2 Jahre dazwischen waren bis wir uns wieder sehen undwir beide zurückfinden zu den Zeiten in denen die Orientasche Stadt entstanden ist.
Das kommt mir in den Sinn, wenn ich das Transparent aus dem Karton nehme, die unzähligen kleinen Risse sehe die immer wieder von den Klebestreifen der vielen Jahre überdeckt wurden, wenn ich sie, wie in jedem Jahr, an dem Fenster fest mache.
Ich krame gedankenverloren weiter bis zur nächsten Erinnerung die, in Seidenpapier verpackt, meine Gedanken noch weiter in die Vergangenheit trägt. Es sind die drei Baumkugeln des Kindheitschristbaumes, die ich mir damals von meiner Großmutter erbettelt habe. Ich halte sie vorsichtig, denn sie wirken auf mich wie eine kleine zerbrechliche Seele, die ein bisschen friert. Eine ist dunkelrot und man sieht die kleinen, roten Kerzenwachssprengel die dem alten Glanz etwas Rührendes geben. Wie oft waren sie am Weihnachtsbaum? Wie oft haben sie den Kerzenschein gespiegelt.
Dann die silberne, die sich auf der einen Hälfte wie ein Holspiegel nach innen wölbt und deren Rand mit weißem und roten Glitzersaum umgeben ist. Diese mochte ich immer sehr, weil es die einzige war, die mir etwas von Schnee und Rauhreif und Herdfeuer zuflüsterte.
Aus dem letzten Seidenpapier wickle ich den bunten Vogel aus. Klein, zierlich und ich drücke auf die kleine Klammer mit der er am Baum befestigt wird um ihn ganz eingehend auf dem Zeigefinger zu betrachten.

Die Zeit vergeht denke ich obwohl in diesen Augenblicken steht sie für mich gerade still.

Da hole ich schon das nächste Stückchen Weihnachtserinnerung aus dem Karton. Es ist die kleine Weihnachtspyramide. Nicht eine gewöhnliche, nein eine, die sich damals vor 20 Jahren mein älterer Sohn ausgesucht hat. Wir fuhren an einem kalten Adventstag in eine schöne, vielen wohlbekannte, Stadt am Neckar. Die Kälte war als Nebelmantel über dem Wasser zu sehen und das Schloss bot einen märchenhaften Anblick, überzuckert mit Schnee und frostig klar. Ich lief mit dem vermummten kleinen Schatz an der Hand in die Hauptstrasse des Städtchens, das so langsam erwachte .Er schaute auf die dekorierten Schaufenster fragte und fragte, wie nur ein Kind fragen kann und ich war genau so begeistert wie er von den vielen Spielsachen, den Wunderautos, den unwiderstehlichen Traktoren mit Anhänger, von dem ganzen Weihnachtszauber der uns gepackt hatte. Da sieht er plötzlich ein Schaufenster mit  Weihnachtspyramiden, den kleinen liebevoll geschnitzten und bemalten Figuren aus Holz und den Nussknackern, die wie Soldaten die keinen Krieg kennen in Reih und Glied standen und lächelten. Mein Sohn wusste schon damals immer genau was er wollte und er zieht mich mit fester kleiner Hand in das alte Ladengeschäft. Verwundert entdeckte ich wie fasziniert er von diesen kunsthandwerklichen Dingen ist und wie vorsichtig er sich bewegte um ja nicht an die vielen Regale zu stoßen, die diese ganze Pracht ausstellte. Um so größer war dann seine  Freude als er sich diese kleine Pyramide aussuchen durfte. Nikolaus mit Engelsschlitten, die ich da aus der Originalverpackung: Erzgebirge hole, um sie ihm auch in diesem Jahr auf Schreibtisch zu stellen.

Weiter geht die Reise, denke ich mir und hole den Jutesack heraus in dem 24 kleine Schafe und ein Schäfer verborgen sind. Die Schafe sind aus weißer, fester Pappe ausgeschnitten und dick mit flockiger Schurwolle beklebt. Auch der Schäfer ist aus Pappe und hat Kleider aus Filz angezogen bekommen. Es ist eine Bastelei, die mein jüngerer Sohn zusammen mit mir gemacht hat. Auch das ist nun schon einige Jahre her, denn er ist ja schon fast erwachsen wie er meint.

Er war kein geduldiger Bastler. Nein, diese Schafe hatten ihn damals etwas genervt denn manche sind sehr dick beklebt und manche haben wohl die Schafschur gerade hinter sich. Auch drei schwarze Schafe sind dabei und ich muss heute noch lachen als er die unbehandelte dunkelbraune Wolle aufklebte und meinte die dunklen gefallen mir besser, ich  will sie nicht alle weiß.. Ja, er war schon immer ein humorvoller Bursche der mich bis heute noch jeden Tag zum Lachen bringt, wenn er mein Aufräumbegehren raffiniert mit einem trockenen Witz kontert um mir den Wind aus den Segel zu nehmen.

Ganz unten in dem Karton finde ich dann meinen goldenen Weihnachtsschmuck, denn ich mag am liebsten die Farben Rot und Gold zum Weihnachtsfest. Auch die Weihnachtswichtel und Nusswiegen liegen sorgfältig aufgehoben in einer abgegriffenen mit Sternen beklebten Schachtel. Sie sind noch übrig von einer ganzen Menge, die ich in den letzten Jahren meinen Freunden und Bekannten zur Adventszeit mitbrachte.

Der Weihnachtserinnerungskarton birgt natürlich noch viel mehr solcher kleinen Überraschungen aber die Kerze, die mir geleuchtete hat, während ich auf dem Teppich kniend meine Reise in die Vergangenheit antrat, ist fast herunter gebrannt . Für heute soll es gut sein, denke ich und gehe in die warme Küche, die nach Plätzchen und Gewürzpunsch duftet, um mir davon etwas zu holen.

 

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Auszug aus meiner Geschichte: Kindheitsweihnacht

... „Später liefen wir zur Kirche und  waren mitten in der heiligen Geschichte. Ich liebte es bei den traditionellen Krippenspielen mitzumachen. Nun war ich schon dreimal ein Engel gewesen… ein Engel mit ganz langem schwarzem Haar, mit einem gebastelten goldenen Reifen mit Stern in der Stirn, und wallendem weißem Gewand. Auf beiden Seiten des Altars stand eine dreistufige breite Standleiter, eine Engelsleiter. Meine Cousins waren genau so oft Hirten. Mit tief in das Gesicht gezogenen großen Hüten und riesigen Hirtenstäben, Haselnussstecken.
Einmal war ich die Maria. Ganz stolz trug ich ein dunkelpurpurrotes Gewand und einen glänzend nachtblauen Schleier. Ich war Maria. Saß da, der Boden mit Stroh und Heu bedeckt neben der uralten Holzgrippe und dem Jesuskind darin. Mein Josef stand ganz ernst mit langem braunem Mantel daneben.
Die Glocken begannen zu läuten und die Weihnachtsgeschichte begann.
Alle Dorfleute, ob groß oder klein strömten in die Kirche. Der Raum war erfüllt von einer feierlichen, friedvollen Erwartung.

Dann erhellte der imposante Lichterbaum den Raum. Wir alle waren die Heilige Familie und feierten das Fest der Freude.
Am Kirchenportal gab es dann hinterher noch die Butterbrezel, hm, ein Genuss.
Alle riefen sich Grüße und frohe Weihnachtswünsche zu.

Auch viele Jahre später noch habe ich diese wirklich große Gemeinsamkeit der Freudenfeier im Weihnachtsgottesdienst gespürt, wie ein aufflackern eines wundersamen Gefühls das mein Herz wärmt. Oft aber, habe ich dieses Gefühl vermisst, suchte es und fand es nicht, oder nur für einen kurzen kostbaren Moment. Die Sorgenwelt und die vorweihnachtliche Unruhe des Erwachsen seins standen dazwischen.

Dann liefen wir nach Hause. Nach Hause in die heimelige Küche im alten Bauernhaus.
Die Kerzen strahlten und wir strahlten auch. Inmitten der ganzen großen Familie. Onkel, Tanten Cousins, Eltern, Großeltern …
Wir bekamen natürlich auch kleine Geschenke, ich wünschte mir jedes Jahr einen Teddybären. Meine Cousins freuten sich über ein paar Legosteine mehr in ihrem Baukasten. Wir freuten uns auch über lange Strumpfhosen oder neue warme Handschuhe. Die Erwachsenen tauschen auch nette kleine Geschenke aus, eine Flasche Wein oder ein Kochbuch. Wir sangen alle Weihnachtslieder die wir kannten und unsere Augen leuchteten. Alle erzählten und der Raum war erfüllt von einem großen Zusammengehörigkeitsgefühl.

Heute weiß ich, die kleinen Geschenke waren für uns Kinder nur Nebensache. Die Hauptsache war dieses geborgene, freudige Gefühl eingebettet in die Menschen die wir liebten.
Später holten wir dann die köstlichen Schinken- und Käsebrote aus der Speisekammer und die vielen Sorten Weihnachtsgutseln.
Heute denke ich mir, natürlich haben die Erwachsenen damals auch ihre Sorgen und Ängste gehabt, aber gleichzeitig weiß ich auch: an diesem Abend waren alle Sorgen und alle Freude geteilt, gehalten und beschützt von der Familie, deren Ruhepol wie auch Motor meine charismatische Oma war....“

Margit, mit warmherziger Erinnerung.20.12.2003

 

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