Weihnachtsgeschichten

 

Dezemberbrief an eine Ahnin
Kleiner Ausschnitt aus meiner Erzählung: Altjahresabend-Neujahr

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Dezemberbrief an eine Ahnin

Liebe Großmutter Elise,

es hat geschneit! Der Garten liegt wie unter einem Bettlaken verborgen und die Mittagssonne verwandelt diese bizarre Gartenlandschaft in ein glitzerndes Märchenland. Das ist mir sehr recht denn ich habe lieber viel Schnee im Dezember als ein endlos verschneites Frühjahr.
Nachher sollte ich doch den Eingang zum Haus freischaufeln und wer weiß vielleicht überkommt mich auch die Winterfreude und ich baue einen Schneemann.
In der letzten Woche habe ich unzählige verschiedene Sorten Plätzchen gebacken, Lebkuchen und drei leckere Christstollen, weil alle Rezepte so verlockend waren, und eingepackt in Folie sind Plätzchen und Stollen ein begehrtes Mitbringsel zum Adventskaffee.

Das Haus ist geschmückt und überall liegen Tannenzweige und Zapfen, Nüsse und kleine Säckchen in denen Überraschungen stecken. Ich liebe diese stille Zeit mit Kerzenschein und Plätzchenduft genau wie du damals.

Ich kann mich noch lebhaft an deine Weihnachtsbäckerei erinnern, an die gefüllten Blechdosen die sich auf geheimnisvolle Weise immer wieder leerten. Dann kam einfach wieder Mehl und Zucker, Butter und Eier in eine Schüssel und im Nu waren die Dosen wieder gefüllt.

Weihnachten auf dem Bauernhof, das bleibt eine warme Stube der Erinnerung die Geborgenheit und Liebe bedeutet.
Ich freu mich aufs Fest, auf den Lichterbaum und das Schenken.
Danach empfinde ich die dunklen Rauhnächte wie eine Winterstarre.
Der Altjahresabend bedeutet für mich nicht lautes Feiern sondern eine Erinnerung an Vergangenes. Das Jahr geht zu Ende und das Neue beginnt, liegt vor mir wie unbeschrieben Blätter eines Buches.
Liebe Oma, meine kleinen, manchmal verworrenen, Briefchen wollten dich teilhaben lassen an meiner Gartenliebe die du damals bei mir entfacht hast. Deine wundersame Saat ist aufgegangen und lebt fort und fort, denn der Garten ist ein Weg. Der Garten das bin ich. Das bist du!
Ich grüße dich voller Dankbarkeit.

Für immer
Deine Margit

Margit Dezember 2006

 

 

Kleiner Ausschnitt aus meiner Erzählung: Altjahresabend-Neujahr

Altjahresabend

Ganz im Gegensatz zu den ausgelassenen Silvesterfeuern der Gegenwart kann ich mich noch sehr gut an die ernste, fast magische Stimmung der Silvesternächte meiner Kindheit erinnern.
Natürlich mussten meine Cousins und ich  zuerst mal zu Bett…bis kurz vor der verheißungsvollen Mitternacht des letzten Tages im alten Jahr
Dann standen wir an den Fenstern auf denen oft wunderschöne Eisblumen gewachsen waren. Unser heißer Atem schmolz ein Guckloch in die weiße zarte Pracht und wir schauten ganz verzückt in den Sternenhimmel. Die Glocken der alten Kirche, die noch heute zu meinen ernsten Silvesterstunden gehören, läuteten das neue Jahr ein. Kleine Füße liefen die knarrende steile Holztreppe hinunter in die Küche, zum Mittelpunkt des Hauses. „ Prosit Neujahr“. für alle die plötzlich in der warmen Küche standen.

Als wir etwas älter waren durften wir so lange wach bleiben wie wir mochten, manchmal haben wir es bis Mitternacht geschafft. Wir mussten aber ruhig sein, denn der Abschied vom alten Jahr war für meine Oma ein Rückblick, ein Innehalten und Nachdenken über das Vergangene. Diese Stunden hatten einen starken Zauber. Die starke Verbindung zu uralten mystischen Ritualen der alten Frau stand im Raum, bereit mit ihr und der Familie das Neue Jahr anzunehmen, zu begrüßen und zu bestehen.

Margit mit warmherziger Erinnerung. 20. 12. 2003