Wählen Sie aus, der schmökern Sie einfach durch...

Wünsche...
Rückgedenken... Hermann Hesse

Zurück zur Übersicht des Weihnachtsspecials 2006

 

 

 

Wünsche

Gestern habe ich meine Söhne gebeten, dass sie mir möglichst bald ihre Wünsche mitteilen mögen.
Die grundverschiedenen Reaktionen der beiden erheiterten mich.
Jo äußerte sofort einen klaren Wunsch, und sagte dann. „Das ist alles. Wenn dir noch was einfällt ist es bestimmt das richtige.“
Jo, intelligent, abwägend und pragmatisch. Eine Denkweise die sich so klar äußert ist in der Argumentation wie ein Bergsee und dazu noch äußerst facettenreich.
Jonas war am Überlegen… und er überlegt auch noch eine Weile.
Nun, man könnte den Altersunterschied für diese Reaktion anführen aber es ist nicht nur das.
Jonas, intelligent, voller starker Emotionen, wechselhaft. Eine Denkweise die sich manchmal wie in einem Irrgarten verliert und dabei mehr als nur einen Weg, eine Möglichkeit findet. Mannigfaltigkeit
Dann haben mich meine Söhne gebeten doch auch mal einen Wunschzettel zu schreiben.
Was wünsche ich mir?
Ich erinnerte mich fast genau ein Jahr zurück. Da erschien mir in einer mondhellen Nacht eine
Fee und sagte: 9 Wünsche hast du frei! Ich war natürlich sehr überrascht und dachte zuerst ich hätte mich verhört. 3 Wünsche ja, aber 9 ?
Tagelang dachte ich nach was ich mir wünschen sollte. Ich fühlte die Dunklen und die hellen Seiten der Lebensjahre, dachte an vergangene und gegenwärtige Träume, an Wünsche und an die Erwartungen. Und ich dachte darüber nach was mir nun, genau heute wirklich wichtig ist. Nach ein paar Tagen konnte ich der Fee meine Wünsche mitteilen.
Daran erinnerte ich mich als mich meine Söhne um einen Wunschzettel baten.
Heute Nacht möchte ich mal versuchen Kontakt mit meiner Fee aufzunehmen denn dann könnte sie doch auch zu ihnen sagen.
9 Wünsche hast du frei!
Sie wissen schon, dass diese Wünsche nichts mit neuen Kleidern, Duftwässerchen oder irgendwelchen Kostbarkeiten zu tun haben die man kaufen kann..
Ein wenig pragmatisch kann ich ja sein, ganz entspannt, denn meine Wünsche sind bereits formuliert, gute kluge Wünsche.
Ich darf in diesem Jahr nur einen ganz gewöhnlichen kleinen Wunschzettel verfassen.

 

 

 

Rückgedenken

Die Novemberabende sind geradezu eine Einladung der Monatsweisen in sich zu gehen und über Vergangenes und Zukünftiges nachzudenken. Noch 31Tage und das Jahr 2006 ist zu Ende.
Für mich hat dieses Jahr sehr, sehr viele Facetten des Lebens bereit gehabt. Im Moment überlege ich aber welches Ereignis, welche Erfahrung die eindringlichste war in diesem vergehenden Jahr. Wo war ich tief beeindruckt und was hat dieses Jahr in mir verändert, was weiter entwickelt was hat mich vielleicht auch reicher und reifer gemacht? Auf welcher Stufe des Lebens bin ich angekommen?
„Nach jedem Tod wird das Leben zarter und feiner“…, sagte mein alter Hesse. Oft schon dachte ich an diese Zeile und oft auch in einem ganz anderen Zusammenhang. Im August nahm ich Abschied von einem Menschen der mich bisher auf meinem Weg begleitet hat. Immer mit Toleranz und einer für mich unbegreifbaren humorvollen Gelassenheit.
Es war eine unvergessliche Nacht, Regen und Kälte im August. Plötzlich Stille. Ein alter kranker Mann wechselt würdevoll, sehr bewusst bis zum letzten Atemzug in eine andere Zeit. Wie er sagte „zurück in die Ewigkeit“. Ich erlebte dies als einen Teil des Lebens, nicht abgetrennt und angstvoll, nicht ablehnend oder scheu sondern als etwas ganz Großes. Als Ende in dem deutlich der Neubeginn, deutlich das Ewige Sein zu spüren war, tief beeindruckend. Und in meiner Trauer, darüber dass er nun nicht mehr da ist mit seinem Humor und seiner Altersweisheit dachte ich auch oft an ein Büchlein, „Mr. Ibrahim und die Blumen des Koran“ in dem der alte Sufi zu seinem Sohn sagte: „Du weinst um dich!“
Ja, vielleicht ist ein Teil der Trauer immer das Ungelebte, das was plötzlich fehlt, schmerzlich weil es sich nicht mehr ändern lässt. Nicht alle Missverständnisse ausgeräumt, nicht versöhnt nicht verziehen. Das wäre schlimm.
Es ist das was wir nicht getan haben, nicht gesagt, immer nicht genug geliebt. Immer nicht genug geliebt, was uns dann trauern und weinen lässt.
Natürlich ist dies nur eine Seite des Trauerns und man könnte viele Abende lang über den Tod und das was danach beginnt philosophieren.
Ich fühle jedoch seit diesem Augustmonat mehr Leichtigkeit in meinem Leben. Erlebe mich auch klarer in meinen Worten, emotionaler in meinen Begegnungen. Achtsamer auf das was zwischen den Worten zu mir gelangt. Auch in meinen Erwartungen die man doch oft so schnell hat und die dann auch oft zu Missverständnissen oder gar Enttäuschungen führen bin ich einfacher geworden. Das Wort einfach ist vielleicht nicht gut gewählt, aber ich möchte damit sagen, dass es mir sehr gut tut nicht nur, und vielleicht sogar zuerst, meine Erwartungen zu sehen sondern gleichzeitig auch die der Anderen. Und schon ist alles viel einfacher. Und auch über Erwartungen und das was sie auslösen oder was sie enttäuschen könnte man vieles schreiben.
Da kommt mir auch an diesem Abend indem ich dies schreibe  noch mal (und wie kann es auch anders sein…) mein sehr verehrter Hesse in den Sinn.
(…) „Nach einem Mittagessen sagte er zu mir er müsse in sein Studio gehen um einen Brief eines jungen Deutschen zu beantworten der ihn gefragt hatte“ Was ist das Wichtigste im Leben?“
„Was würden sie antworten?“ fragte Hesse mich. Ich war natürlich nicht in der Lage irgendetwas zu sagen. Wenn wir es nicht wissen, meinte Hesse, dann gehen wir zu Konfuzius. Was sagte Konfuzius, ist das Wichtigste im Leben? Treue zu sich selbst und Güte zu anderen“ (...)*
Diesen Briefwechsel Hesses mit diesem jungen Mann hatte ich schon mal vor 3 Jahren gelesen und seltsamerweise konnte ich mich auf die Antwort nicht mehr so recht besinnen. Ab und an suchte ich in meinen vielen Werken Hesses weil ich doch so gerne diese Antwort wissen wollte.
Es ist doch seltsam, dass ich sie genau an dem Tag wieder fand an dem ich mich auch plötzlich wieder daran erinnerte.
Gerade habe ich mit einem Freund telefoniert und ihn gefragt:
„Was ist das Wichtigste im Leben?“
Vielleicht hat da auch jeder Mensch noch ganz andere, oder auch ähnliche oder ergänzende Antworten. Ja, und dies wäre dann auch noch mal so eine Abende füllende Philosophie für den kerzenhellen Dezember.

*Siegfried Unseld in seinem Vortrag „Hermann Hesse heute“ 6.Februar 2002 aus: Im Dienste der gemeinsamen Sache.
Hermann Hesse und der Suhrkamp Verlag