Silvester-Special!

*Wir wünschen ein frohes neues Jahr*

Inhalt:

Stundenzeiger des Lebens... Erinnerung
Gedicht “Erinnerung” von Rilke

Silvester: Das Jahr nimmt Abschied...
Gedicht “Schicksalsspruch” von Morgenstern

 

Stundenzeiger des Lebens... Erinnerung

Die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr.
Diese letzten Tage im alten Jahr führen uns zurück in die Vergangenheit. Das Licht des Festes ist noch gegenwärtig, aber die Gedanken umfassen nun das vergehende Jahr.
Die Haut ist dünner die Seele empfindsam und zart dem Innen und Außen zugewandt ist. Ich bin in diesen Tagen gerne Alleine. Ein Feuer brennt im Ofen, eine Kerze erhellt die Zeilen eines Gedichtes das ich schon so oft gelesen habe. Diese Zeit ist ein Innehalten, ein Anhalten, ein Zurückschauen und eine Selbstprüfung, eine Einkehr in mich selbst. Ein Besinnen auf die Vergänglichkeit, auf den Stundenzeiger des Lebens. Das  bedeutet mir viel. Diese versunkene Melodie in mir zu hören und spüren wie viel die Trauer und die Freude dieses vergehenden Jahres in mir wiegt.
Plötzlich erwache ich aus der Gegenwart und bin genau ein Jahr zurück in die Vergangenheit gereist. Ich erlebe jeden Tag des vergehenden 2002 .Gespräche und Begegnungen werden lebendig, genau mit der gleichen Intensität, als wäre nur ein Augenblick vergangen. Ein leidensvoller Jahresbeginn. Ein tief schmerzhafter Tod. Dann der  Impuls des Lebens der aus meinem Garten kam . Die spontane Entscheidung für meine offene Gartenpforte. Die herzlichen Begegnungen an diesen Gartentagen. Ich denke an die vielen alten und neuen Freunde die mich durchs Jahr begleiteten. Die da waren als ich sie brauchte. Ich denke an die Vorbereitungsarbeiten zu den Gartentagen… und an meine tiefe Versunkenheit in die Gartenarbeit, die mir immer wieder Kraft gab. Ich denke mit großer Dankbarkeit an die Zusammenarbeit mit meinem Sohn Johannes, an die oft auch lustige Art und Weise der Gestaltungsarbeit für die HP. Ich denke an meine Spaziergänge durch die Wälder, an die Abende der Geschichten, an die frühen Stunden im erwachenden Garten. Ich gehe in mich und so viel Bilder die Gefühle sind, steigen in meiner Erinnerung auf, dass es bei manchen schwer ist sie noch mal zu sehen. Traurige und heitere, melancholische und lustige Bilder voller Schönheit und Bilder der Verwandlung. Erinnerungen an meine kleinen Reisen werden wach und lebendig. Kostbare, heilige Augenblicke in Einklang mit der Welt, ebenso wie dunkle Stunden der Verzweiflung. Alles ist gut. Ein besonderes Jahr des Lernens, der Begegnungen  neigt sich dem Ende, und wir wünschen uns ein frohes, glückliches neues Jahr.
Wieder werde ich nachdenklich. Was wünsche ich mir ? Was wünsche ich meinen Freunden? Glück?
Nun, jeder verlangt wohl nach Glück und erträgt doch das Glück nicht lange. Macht es nicht müde, träge und ist nach einer Dauer… schon kein Glück mehr, eine schöne aber leicht sterbende trügerische Blume, das Glück. Vergangen genau dann wenn man es festhalten möchte. Ist es nicht die Zeit der Trauer und des Leidens die und weiterbringt, die unsere schöpferischen Kräfte in uns weckt, die unser e Lebendigkeit spüren lässt?
Ich wünsche mir Eigensinn, ein tapferes Herz das alle Trauer und Freude tragen kann die ich vom Leben aufgelegt bekomme. Ich wünsche mir einen Schutzmantel für meine Seele, eine kleine verborgene Stelle in der alles Schöne  geschützt ist. Und die Gnade, die Klugheit der Geduld, um damit das kleine Glück wie auch das Leiden, den Lärm sowie die Stille zu ertragen. Das sind meine Wünsche , auch für all meine Lieben.

 

Erinnerung

Und du wartest, erwartest das Eine,
das dein Leben unendlich vermehrt;
das Mächtige, Ungemeine,
das Erwachen der Steine,
Tiefen, dir zugekehrt.
Es dämmern im Bücherständer
die Bände in Gold und Braun;
und du denkst an durchfahrene Länder,
an Bilder, an die Gewänder
wiederverlorener Fraun.

Und da weißt du auf einmal: das war es.
Du erhebst dich, und vor dir steht
eines vergangenen Jahres
Angst und Gestalt und Gebet.

 
aus: Das Buch der Bilder: Rainer Maria Rilke

 

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Silvester: Das Jahr nimmt Abschied

Für jeden Menschen bedeutet der letzte Tag im Jahr etwas anderes. Einige behaupten, dass dieser Tag ein „fast ganz normaler Tag,“ für sie sei. Doch ist es wirklich so ?
Für mich ist diese ernste Stunde der Höhepunkt der Erinnerung, ein Übergang von einem vergangenen in ein neues Jahr. Jedes Jahr graviert tiefere Zeichen in der Seele.. Nur für einen Augenblick schweigt das alte Jahr und das Neue beginnt. Mit unbekannten Versprechungen, verheißungsvoll oder bedrohlich . Manchmal sieht man plötzlich ganz deutlich Sterntaler der Zukunft. Da bin ich immer ganz still, denke an alle die Menschen die mich bisher in meinem Leben begleitet haben und kann dabei die lebendigen Erinnerungsgefühle kaum ertragen. Dann beginnen die Glocken  der alten Dorfkirche zu schlagen.. Ein Herzschlag fehlt….  die Glocken läuten das Neue Jahr ein. Lichtersterne steigen in die Nacht, und der Bann ist gebrochen.

 

Schicksalsspruch

Unhemmbar rinnt und reißt der Strom der Zeit
In dem wir gleich verstreuten Blumen schwimmen,
unhemmbar braust und fegt der Sturm der Zeit,
wir reifen kaum, verweht sind unsre Stimmen.
Ein kurzer Augenaufschlag ist der Mensch,
den ewige Kraft auf ihre Werke tut;
ein Blinzeln- der Geschlechter lange Reihn,
ein Blick- des Erdballs Werden und Verglut.

Christian Morgenstern

 

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