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Übersicht:

Weihnachten 2003
“Stube der Erinnerungen”

Die Geschichte vom Schuster Martin (“Ein großer Tag für Vater Martin”)
Zweiter Teil dieser wunderschönen Weihnachtsgeschichte
Dritter Teil und Ende der Geschichte

Eindrücke von einem Weihnachtsmarkt
Kindergeschichte “Es klopft bei Wanja in der Nacht”
Weihnachtstext Vorfreude
Gedicht “Theodor Storm”
Traumbescherung
Gewürzpomander

 

Nun brennt die erste Kerze. Ein Zeichen für uns in der dunklen Jahreszeit. Der heiße Sommer wurde von einem milden sonnigen Herbst erlöst. Die Wälder waren unbeschreiblich schön in ihrer tausendfachen Farbvielfalt. Und doch ist der vergehende November ein Monat der Dunkelheit, des Abschieds, des Rückzuges zu dem innersten Kern.
Ich kann mich ganz diesem langsamen Tod, der ein hinüberwechseln in eine andere Zeit ist, hingeben. Kerzenlicht, eine Welt der Bücher, Rückgedenken., Traurigkeit.
Doch dann brennt plötzlich diese erste Kerze.
Ein Lichtschein erreicht die Seele durch ihre Schale hindurch und erhellt sie. Ein Signal, das heißt: „In jeder Dunkelheit brennt dir ein Licht. Nehme es an..“
Liebe Gartenfreunde, ich wünsche ihnen eine stimmungsvolle, freudige Adventszeit. Eine Zeit, in der sie Zeit haben für sich und ihre Lieben. Eine Zeit der Freundschaften und der Offenheit für alle Menschen, ein Einfühlen, eine Freude auf das Geschenk der immerwährenden Neugeburt des Lebens.

Herzlichst
Margit Klotz

 

Indem das Leben nimmt und gibt und nimmt
Entstehen wir aus Geben und aus Nehmen:
Ein Schwankendes, sich Wandelndes, ein Schemen
Und doch in unserer Seele so bestimmt.

Hindurchzugehen durch dieses Sich-verschieben
Unangezweifelt, aufrecht, unbeirrt
Von Tag zu Nacht, von Nacht zu Tag getrieben,
aus denen unaufhaltsam Leben wird

von unserm Leben von unserm Blut,
Lust von der unsern, Leid das wir erkennen,
von dem wir uns auf einmal wieder trennen
weil unsre Seele, einsam, schon geruht

vorauszugehn…

Rainer Maria Rilke

 

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“Stube der Erinnerungen”

Es sind doch vor allem Kindheitserinnerungen die uns mit dem Weihnachtsfest verbinden. Bei der geschäftssüchtigen Rührseligkeit mit der wir heute diese „ Zeit des Wartens auf das Licht“ erleben, wird in jedem von uns seine eigene Weihnachtsgeschichte lebendig. So erzählte mir vor langer Zeit mal jemand, dass ihm dieses Fest nicht viel bedeutet. Er erinnerte sich an Streit in der Familie. An Geschenke zwar, aber vermisste die Liebe dazu. Das hat mich damals ein wenig traurig gemacht, denn ich habe ganz besonders schöne Erinnerungen an dieses Freudenfest.

Ich denke das Leben ist manchmal nicht leicht, es gibt dunkle Zeiten in denen keine Hoffnung mehr in uns ist, in denen wir uns verlassen fühlen von allem Leben, von der Gottheit die uns hält. Da kann so ein winzig kleiner Funken Licht in unserer Seele ein Zeichen sein, das uns rettet. Eine kleine „Stube der Erinnerungen“ in der alles Gute aufgehoben ist, in die wir eintreten können und die Welt bleibt draußen. Eine Schutzhülle für ein Innehalten, ein Anhalten um danach herauszutreten um das Leben zu bestehen.

So eine kleine Stube habe ich in meiner Kindheit eingerichtet bekommen. Es ist die Liebe und die Wärme darin, die mir meine Eltern, meine Großeltern, die ganze Familie gegeben haben.

Das versuche ich auch meinen Kindern mitzugeben auf ihren Weg ins Leben. Weihnachten eine „Aus-Zeit“ von allen Ängsten, allen Anforderungen, allen schlechten Träumen. Ein Mantel der unendlichen Liebe der meine Kinder ihr Leben lang schützen soll. Eine Sicherheit, dass sie niemals alleine sind, solange sie diese Liebe die in ihr Herz gelegt wurde spüren. Ich würde vom Ende der Welt zurücklaufen um dieser „Kindheitserinnerung“ einen Lichtschein mehr dazu zugeben. Weihnachten ist das Fest für unsere Kinder. Das Fest der unvergänglichen Mutterliebe.

 

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Ein großer Tag für Vater Martin

Nach Leo Tolstoi
Erzählt von M.Holder

Vor vielen Jahren, ich weiß nicht, wie lange es genau her ist, da lebte in einem kleinen Dorf im weiten Russland ein Schuhmacher.
Er hieß Martin. Aber niemand im Dorf nannte ihn einfach Martin, auch nicht Herr Martin oder Schuster Martin. Wenn er ins Dorf ging, grüßten ihn die Leute: „Guten Tag, Vater Martin“ denn alle hatten ihn gern.
Vater Martin war nicht reich.
Alles was er auf dieser Welt besaß, war eine kleine Werkstatt mit einem Fenster zur Dorfstrasse hin. Hier lebte er, hier schlief er, und hier arbeitete er.
Aber Vater Martin war auch nicht arm. Er hatte alles was man zum Leben brauchte: sein Werkzeug, einen schönen gusseisernen Herd, auf dem er sein Essen kochte und wo er sich die Hände wärmen konnte, einen knarrenden Korbsessel, in dem er gerne saß und ein kleines Schläfchen hielt, eine große Öllampe die er anzündete, wenn es dämmrig wurde, und ein bequemes bett mit einer Flickendecke.
Es gab genügend Leute die neue Schuhe brauchten oder alte repariert haben wollten, so dass Vater Martin immer alle Hände voll zu tun hatte. Er besaß auch genug Geld, um sich Brot und Tee zu kaufen oder ein wenig Kohl für eine warme Suppe am Abend.
Vater Martin war immer fröhlich- oder doch fast immer. Seine Augen zwinkerten dann verschmitzt hinter der kleinen runden Nickelbrille. Er sang und pfiff den ganzen Tag bei der Arbeit vor sich hin und grüßte fröhlich die Menschen, die an seinem Fenster vorbeigingen.

Aber einmal war alles anders. Es war Heiligabend, und Vater Martin
Stand traurig am Fenster. Er dachte an seine Frau, die vor vielen Jahren gestorben war, und an seine Söhne und Töchter. Die waren längst erwachsen und fortgezogen. An diesem Tag feierten sie alle zu hause bei ihren Familien. Nur Vater Martin war ganz allein.

Vater Martin schaute die leere Dorfstrasse hinauf und hinunter. Aus allen Fenstern fiel das warme Licht von Kerzen und Lichtern. Er hörte die Kinder lachen und über ihre Geschenke jubeln. Der Duft von Gebratenem und Gebackenem drang durch alle Fenster -und Türritzen seiner Werkstatt. „ Kinder, Kinder!“ seufzte Vater Martin, zwirbelte an seinen Schnurrbarthaaren und schüttelte bedächtig den Kopf. Dann zündete er die Öllampe an, ging zu dem hohen Regal hinüber und holte ein altes Buch mit braunem Einband herunter.

Er setzte eine Kanne mit Tee auf den Herd und machte es sich in seinem Lehnstuhl bequem. Dann begann er zu lesen.
Nun müsst ihr wissen, dass Vater Martin niemals eine Schule besucht hatte. Darum fiel ihm das Lesen auch sehr schwer. Mit dem Zeigefinger verfolgte er Wort für Wort, während er laut und stockend las.
Es war die Weihnachtsgeschichte. Er las von Maria und Jesus, der in einem Stall geboren wurde, weil in dem Gasthof, wo seine Eltern übernachten wollten, kein Zimmer mehr frei war.
„ Kinder, Kinder“, murmelte Martin und zwirbelte wieder an seinem grauen Schnurrbart. „Wenn sie zu mir gekommen wären, dann hätten sie in meinem guten Bett schlafen können. Ich hätte den kleinen Jungen mit meiner warmen Decke zugedeckt. Wie schön wäre es, an Weihnachten Besuch zu bekommen, und erst mit einem kleinen Kind!“
Draußen kroch der Nebel ums Haus. Vater Martin musste die Lampe heller drehen. Er stand auf und schürte das Feuer im Ofen. Dann goss er sich eine Tasse Tee ein und las weiter.
Er las von reichen Leuten, die von weither durch die Wüste geritten kamen. Sie brachten wertvolle Geschenke für das Jesuskind mit: Gold und kostbare Gewürze.
„ Kinder, Kinder!“ seufzte Vater Martin. „Wenn Jesus zu mir gekommen wäre hätte ich gar nichts für ihn gehabt.“ Doch dann lächelte er, und seine Augen funkelten hinter der kleinen runden Brille. Er stand vom Tisch auf und schlurfte zu dem großen Regal. Oben stand eine staubige Schachtel, die fest verschnürt war. Er öffnete sie und holte ein Paar winzige Schuhe daraus hervor.
Vater Martin betrachtete die kleinen Schuhe liebevoll. Es waren die schönsten Schuhe, die er jemals gemacht hatte: die ersten Schuhe seiner Kinder.
Sorgfältig packte er sie wieder ein. Dann rückte er den Lehnstuhl zurecht.“ Die kleinen Schuhe hätte ich ihm gegeben“, murmelte er. Dann seufzte er tief und las weiter.
Ob es nun an der wohligen Wärme im Zimmer lag oder weil es spät geworden war- jedenfalls dauerte es nicht lange, bis Vater Martins Finger aus dem Buch glitt. Seine kleine runde Brille rutschte ihm von der Nase- und Vater Martin war fest eingeschlafen.
Draußen wurden die Nebelschwaden immer dichter. Wie Schatten huschten sie an seinem Fenster vorbei. Aber Vater Martin schlief fest und schnarchte leise.
Plötzlich hörte er deutlich eine Stimme: „Vater Martin!“ Der alte Mann sprang auf. Sein grauer Schnurrbart zitterte. „Wer ist da?“ rief er. Ohne Brille konnte er nur schlecht sehen, aber im Zimmer scien niemand zu sein.
„Vater Martin!“ hörte er wieder die Stimme. „Du hast die gewünscht, dass ich dich besuche. Achte morgen auf die Straße. Denn morgen werde ich zu dir kommen .Aber pass genau auf, damit du mich erkennst; denn ich sage dir nicht wer ich bin.“
Dann war alles wieder still. Vater Martin rieb sich die Augen. Das Feuer im Ofen war niedergebrannt, und die Lampe war verloschen. Draußen hörte er von überall her Glocken läuten: Heute war ja Weihnachten!
„Das war er“, sagte der alte Mann zu sich selbst. „Das war Jesus“
Nachdenklich zwirbelte er an seinem Schnurrbart. „Vielleicht habe ich auch bloß geträumt? – Nun, ich werde jedenfalls morgen gut aufpassen. – Aber woran soll ich ihn erkennen? Er ist ja kein kleines Kind geblieben. Später war er ein erwachsener Mann, ja ein König. Man sagt sogar, er war Gott selber.“
Vater Martin wiegte den Kopf. „Kinder, Kinder!“ murmelte er, „ich muss gut aufpassen.“
Vater Martin ging in dieser Nacht nicht mehr ins Bett. Dazu war er viel zu aufgeregt. Er saß in seinem Lehnstuhl, schaute immer wieder aus dem Fenster und beobachtete aufmerksam die ersten Leute, die am frühen Morgen an seinem Haus vorüberhasteten.
Zögernd krochen die ersten Sonnenstrahlen über den Horizont und vergoldeten das Kopfsteinpflaster der Straße. Vater Martin wartete.
Aber niemand kam.
„ Ich will mir rasch einen kräftigen Tee kochen“, dachte Vater Martin voller Vorfreude. „ Aber ich werde das Fenster dabei nicht aus den Augen lassen.“
Vater Martin wartete.
Endlich tauchte am Ende der kleinen Gasse ein Mann auf. Gespannt presste Vater Martin sein Gesicht an die eisige Scheibe. War es Jesus?

...Fortsetzung wenige Zeilen untendran!

-zurück-

Doch als der alte Mann näher kam, trat Vater Martin enttäuscht zurück. Es war der alte Straßenkehrer, der jede Woche mit einem Reisigbesen die Straße fegte.
Vater Martin ärgerte sich ein wenig. Schließlich hatte er besseres zu tun, als nach einem alten Straßenkehrer Ausschau zu halten. Er erwartete doch den König Jesus. Enttäuscht wandte er sich vom Fenster ab.
Er wartete, bis der alte Mann vorübergegangen sein musste, und spähte dann wieder nach draußen. Doch der Straßenkehrer war auf der gegenüberliegenden Straßenseite stehen geblieben. Er stützte sich schwer auf seine Besen, rieb sich die Fäuste und stapfte mit den Füßen. Wahrscheinlich fror der alte Mannerbärmlich. Und überhaupt, dass er an Weihnachten arbeiten musste!
Vater Martin bekam Mitleid. Er klopfte an die Fensterscheibe, aber der Alte hörte es nicht. Darum öffnete Vater Martin die Tür einen Spalt breit.
„ He“, rief er „He, Brüderchen!“
Der alte Mann blickte erschreckt um sich- die Leute behandeln einen Straßenfeger oft sehr unfreundlich. Aber Vater Martin lächelte.
„ Wie wäre es mit einem Tässchen Tee?“ fragte er „ Du siehst aus, als ob du bald zu einem Eiszapfen erstarrt bist.“
Der Straßenkehrer ließ sich nicht zweimal bitten. „Vergelt`s Gott, murmelte er verlegen, als er in die warme Schuhmacherwerkstatt trat. „Das ist sehr gütig von euch, Väterchen, sehr gütig.“
Vater Martin goss ihm aus der Kanne heißen Tee ein. „Nicht der Rede wert“, sagte er über die Schulter. „ Schließlich feiern wir heute Weihnachten.“
„Ach ja, Weihnachten .- Dies ist mein einziges Weihnachtsgeschenk.“ Der alte Mann schnäuzte sich.. Während er am Ofen saß, dampften seine feuchten Kleider und verbreiteten einen säuerlichen Geruch.
Vater Martin kehrte an seinen Platz am Fenster zurück und beobachtete weiter die Straße.
„Wartest wohl auf  Besuch?“ fragte der alte Straßenkehrer mit rauer Stimme. „Ich bin wohl ungelegen, stimmts?“
Vater Martin schüttelte beschwichtigend den kopf. „Nein, ich…Nun ja, hast du schon mal was von Jesus gehört?“
„ Gottes Sohn?“ fragte der alte Mann.
„ Ja. Er will heute zu mir kommen“, erklärte Vater Martin. Dann erzählte er, was sich in der Nacht zugetragen hatte.
Der Straßenkehrer stellte seine Tasse beiseite und schüttelte versonnen den Kopf: „ nein, was es alles gibt!“ sagte er. „Viel Glück, und vielen Dank für den Tee.“ Dann ging er.
Vater Martin folgte ihm bis zur Tür und winkte ihm nach. Eine blasse Wintersonne stand nun am Himmel. Ihre Strahlen gaben gerade soviel Wärme, dass auf den Pflastersteinen und an der Fensterscheibe das Eis zu tauen begann.
Jetzt waren noch mehr Leute unterwegs. Ein paar Betrunkene wankten nach einer durchzechten Nacht heim. Familien in feinen Kleidern eilten vorüber – freundlich nickten sie Vater Martin zu, als sie ihn vor seiner Werkstatt stehen sahen. „ Fröhliche Weihnachten, Vater Martin,“ riefen sie.
Der Schuhmacher nickte und lächelte zurück, aber Lust zu einem Schwätzchen hatte er nicht. Die Leute kannte er alle mit Namen. Er wartete jedoch auf einen anderen Gast.

Gerade wollte Vater Martin die Tür wieder zuziehen, da fiel sein Blick auf eine zerlumpte Gestalt. Es war eine junge Frau. Sie trug ein Kind auf dem Arm und sah abgemagert und erschöpft aus.
„ Hallo!“ rief Vater Martin, „ wollt ihr nicht hereinkommen und euch ein wenig aufwärmen?“ – Ängstlich blickte die Frau auf. Sie schien einen Augenblick zu überlegen, ob sie nicht besser wegrennen sollte. Aber dann sah sie die fröhlichen Augen hinter Vater Martins Brille.
„ Sie sind ein guter Mensch“, sagte die junge Frau, als sie in das kleine Zimmer trat. Vater Martin zuckte mit den Achseln. „ Hast du noch einen weiten Weg vor dir – mit deinem Kind?“ fragte er.
„ Bis ins nächste Dorf ist es ein gutes Stück“, antwortete sie leise. „ Dort habe ich Verwandte, bei denen wir vielleicht bleiben können. Ich habe keinen Mann, wissen sie…“
Vater Martin nahm das kleine Kind auf den Arm. „ Wollt ihr etwas Brot und Suppe mit mir essen?“ fragte er. Aber die Frau schüttelte stolz den Kopf.
„ Aber wenigstens etwas Milch für den Kleinen, ich mache sie schnell auf dem Herd warm. Keine Sorge“. Vater Martin zwinkerte mit den Augen, „ ich habe selbst Kinder gehabt.“

Fortsetzung folgt..

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Das Kind lachte und strampelte mit den Beinen. „Kinder, Kinder“ sagte Vater  Martin kopfschüttelnd, „ der arme Kleine hat ja gar keine Schuhe an!“
„Dafür haben wir kein Geld“, seufzte die junge Frau bitter.
Vater Martin zwirbelte an seinem Schnurrbart. Ein Gedanke machte ihm zu schaffen. Die Schachtel auf dem hohen Regal! Die kleinen Schuhe die er vor langer Zeit gemacht hatte!
Vater Martin nahm zögernd die Schachtel vom Regal. Die Schuhe passten dem Kleinen als wären sie extra für ihn angefertigt worden.
„Hier nehmen sie diese“ sagte Vater Martin. Die junge Frau war überrascht.
„Wie kann ich ihnen nur danken?“ rief sie glücklich.
Aber Vater Martin hörte schon nicht mehr richtig zu. Verstohlen blickte er zum Fenster hinaus.
„Ist irgend etwas nicht in Ordnung?“ fragte die Frau besorgt.
„Heute ist doch Weihnachten“, sagte Vater Martin, „ Da kam Jesus zur Welt.“ Die Frau nickte.
„Jesus will heute zu mir kommen“, erklärte Vater Martin, „er hat es mir versprochen.“ - Und dann erzählte er von seinem Traum – wenn es wirklich nur ein Traum war.
Die junge Frau hörte aufmerksam zu. Sie schien den Worten des alten Schuhmachers nicht ganz zu glauben, aber zum Abschied drückte sie ihm dankbar die Hand. „ Ich hoffe, dass er kommt“, meinte die Frau. „ Sie haben es wirklich verdient. Sie waren so gut zu mir und meinem Kind.“
Vater Martin schloss die Tür hinter der Frau. Dann stellte er den Topf mit der Kohlsuppe aufs Feuer und kehrte zu seinem Fensterplatz zurück.
Die Stunden vergingen. Vater Martin schaute sich jeden der Menschen genau an, die an seinem Fenster vorüberkamen. Aber Jesus war nicht darunter.
Plötzlich bekam er Angst. Vielleicht war Jesus vorbeigegangen, und er hatte ihn nicht erkannt. Vielleicht war er ganz schnell gegangen, gerade als Vater Martin für ein paar Sekunden nach dem Feuer geschaut oder nach der Suppe geschaut hatte… Er rannte zur Tür.
Draußen waren allerlei Menschen unterwegs. Kinder, alte  Männer und Frauen, Bettler, fröhliche und griesgrämige Leute. Einige grüßte er mit einem Lächeln, andere nur mit einem Nicken.
Aber Jesus war nicht darunter.
Als es dämmrig wurde und der graue Dezembernebel wieder durch die Straßen kroch, zündete der Schuster traurig seine Öllampe an und setzte sich in den Lehnstuhl. Er nahm wieder das Buch zur Hand. Aber sein Herz war zu schwer und seine Augen zu müde, um die Worte zu entziffern.
„Es war doch alles nur ein Traum“, dachte er verzagt. „Und ich hatte mich so darauf gefreut , dass Jesus zu mir kommt.“ Tränen stiegen ihm in die Augen, so dass er kaum noch etwas sehen konnte.
Doch plötzlich war ihm, als sei er nicht mehr allein im Zimmer. Zogen da nicht Menschen durch die Werkstatt? Vater Martin wischte sich die Tränen aus den Augen. Waren das nicht der Straßenkehrer und die junge Frau mit dem Kind – all die Leute die er heute gesehen und gesprochen hatte?
„Hast du mich nicht erkannt? Hast du mich wirklich nicht erkannt, Vater Martin?“ fragten sie im Vorübergehen.
„Wer seid ihr?“ rief der alte Schuhmacher. „Sagt es mir!“
Da hörte Vater Martin dieselbe Stimme wie in der Nacht zuvor, obwohl er nicht hätte sagen können, woher sie kam:
„Ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen, und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich bin ein Fremder gewesen, und ihr habt mich aufgenommen. Ich bin nackt gewesen, und ihr habt mich gekleidet. Wo immer du heute einem Menschen geholfen hast, da hast du mir geholfen!“
Dann war alles wieder still.
„Kinder, Kinder!“ murmelte Vater Martin leise und zwirbelte an seinem grauen Schnurrbart. „ Dann ist er also doch gekommen! Dann hat Jesus mich tatsächlich besucht!“
Er lächelte, und seine Augen zwinkerten fröhlich hinter der kleinen runden Nickelbrille.

 

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Eindrücke von einem Weihnachtsmarkt

Vor ein paar Tagen habe ich einen  Freund, der einen Stand auf einem Weihnachtmarkt hat, dort besucht. Es herrschte ein Gedränge, ein flüchtig-schauendes Geschiebe von einem Stand zum anderen. Dazwischen die sich immer wiederholende Weihnachtsmusik. Kinder die um Süßigkeiten und um Spielzeug bettelten. An manchen Buden standen die Menschen, scheinbar ein wenig zur Ruhe gekommen und aßen eine Kleinigkeit oder tranken den obligatorischen Glühwein. Mit einem Male kam ich mir wie eine Fremde unter all den vielen Menschen vor. Mir fehlte plötzlich die wirkliche Begegnung , die Echtheit des Grundes für dieses Gedränge. Ist Weihnachten nicht ein Fest der Freunde, der Familie der Liebe, der Menschlichkeit. Ich lief schnell zurück… weg von all dem geschäftstüchtigen Trubel. Ich dachte an die vielen Menschen die hier auf diesem Weihnachtsmarkt unsichtbar in sich verborgen ihre Sorgen, ihre Verletzungen, ihre Einsamkeit und ihre Ängste mit sich herumtragen. Ja, man sieht nur mit dem Herzen gut. Da hat der Kleine Prinz recht.
Ich dachte auch an manche Freunde die mir viel bedeuten und wünschte mir die Kraft für sie da zu sein wenn sie mich brauchen.
 

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“Es klopft bei Wanja in der Nacht”

Neben den kleinen geheimnisvollen Päckchen die ich manchmal im Haus verstecke, liebe ich es sehr Gedichte oder stimmungsvolle Geschichten vorzulesen. Geradezu begeistert lese ich den Kindern vor. Eines meiner absoluten Winterbilderbuchklassiker, das ich selbst immer wieder aufs Neue mit einem Lächeln lese … (was heißt lese…ich kann’s auswendig) ist das Büchlein:

Es klopft bei Wanja in der Nacht. Tilde Michels hat es in bezaubernder Versform geschrieben und erreicht mit dieser Wortmelodie die Herzen Aller.

Es klopft bei Wanja in der Nacht.

Weit fort in einem kalten Land
steht Wanjas Haus am Waldesrand
In langen Zapfen hängt das Eis,
und rings herum ist alles weiß.

Da ist bei Sturm in finsterer Nacht
Der Wanja plötzlich aufgewacht.
„Was höre ich da tocken?“
so fragt er sich erschrocken.

Wer ist`s, wer klopft da an mein Haus?
Ein Hase hockt im Schneesturm drauß´:
Der schreit und jammert kläglich.
„Ich friere so unsäglich.“

Der Wanja sagt: „Komm nur herein,
Ich heize gleich im Ofen ein.“
Das Feuer zischt und prasselt laut;
Die Wärme dringt bis in die Haut.

Der Has` streckt sich behaglich aus.
Bald wird es still im kleinen haus.
Auch Wanja deckt sich wieder zu;
„Gut Nacht und angenehme Ruh!“

Doch kaum sind beide eingeschlummert,
Da weckt sie Lärm. Es pocht und bummert,
Und jemand trommelt an das Tor.
Ein roter Fuchs steht jetzt davor.

Der knurrt: „Erfroren ist mein Zeh.
Ich hab genug von Eis und Schnee.
Ich kann nicht weiterlaufen,
Lass mich bei dir verschnaufen!“

Da schreit der Hase: „Nein oh nein,
Lass bloß den Fuchs hier nicht herein!
Er ist darauf versessen,
Uns Hasen aufzufressen.“

Der Fuchs mit kalten Gliedern
Beeilt sich zu erwidern:
„Ich schwör bei meiner Ehre,
Dass ich dich nicht verzehre:“

Der Wanja sagt: „Na gut, komm rein,
Doch halte dein Versprechen ein.“

Der Fuchs streckt sich behaglich aus.
Bald wird es still im kleinen Haus.
Auch Wanja deckt sich wieder zu:
„Gut Nacht und angenehme Ruh!“`

Doch es ist wirklich unerhört-
Schon wieder werden sie gestört.
Es klopft und pocht, es kratzt und kracht.
Ein Bär steht draußen in der Nacht,
Und- das muss man erwähnen-
Er klappert mit den Zähnen.

Der Wanja starrt den Bären an.
„Was mach ich bloß? O Mann, o Mann.”

Und auch der Fuchs erbleicht vor Graus.
Er denkt: „Nun ist es mit mir aus.
Der Bär hat es gerochen,
Dass ich ihm vor zwei Wochen
Ein Stückchen Fleisch gestohlen.
Jetzt kommt er, mich zu holen.“

Dem Bären sind die Ohren
Vor Kälte steif gefroren,
drum ist ihm alles einerlei.
Er schwört, dass er ganz harmlos sei.

Der Wanja sagt: „Komm rein, schon gut!“
Und wirft ein Holzscheit in die Glut.

Der Bär streckt sich behaglich aus.
Bald wird es still im kleinen Haus.
Auch Wanja deckt sich wieder zu:
„Gut` Nacht und angenehme Ruh!“

Der Schneesturm unterdessen
Tobt weiter wie besessen.
Er reißt die stärksten Bäume aus
Und rüttelt an dem kleinen Haus.
Doch drinnen schlafen wohlgeborgen
Fuchs, Bär und Hase bis zum Morgen.

Kaum aber fängt es an zu dämmern,
beginnt des Hasen Herz zu hämmern.
„Der Fuchs meint es nicht ehrlich;
Er ist und bleibt gefährlich.
Wie kann man sich vertragen?
Dem knurrt ja schon der Magen.
Es ist wohl besser wenn ich geh`.“
Er hoppelt wieder durch den Schnee.

Der Fuchs erwacht aus Schlaf und Traum,
Reckt sich, erblickt den Bären kaum,
Da fährt ihm auch schon wieder
Der Schreck in alle Glieder.
„Wenn das ein gutes Ende nimmt!
Der Bär ist gegen mich ergrimmt.
Er wird mit seinen Tatzen
Mich ganz empfindlich kratzen.“
Und eilig, eh der Bär erwacht,
hat sich der Fuchs davongemacht.

Jetzt schnarcht nur noch der Bär im Eck,
Schnarcht laut und rührt sich nicht vom Fleck.
Er ist nicht mehr durchfroren
Und hat auch warme Ohren.
Und auch sein Pelz ist nicht mehr nass.
Dann brummt er, blinzelt und wird blass;
Denn was er sieht bedrängt ihn sehr;
Am Nagel hängt ein Schießgewehr.

„Verflixt, das ist ein Jägerhaus!“
Ganz heimlich schleiche ich mich raus.
Die Sonne steht schon überm Wald.
Heut` wird`s bestimmt nicht mehr so kalt.“
Er tappt so leise er vermag,
hinaus in einen neuen Tag.

Der Wanja – noch vom Schlaf umfangen –
Begreift nicht, was hier vorgegangen.
Er blickt umher im leeren Raum.
War das denn alles nur ein Traum?

Doch draußen sieht er von drei Tieren
Die Spuren sich im Schnee verlieren.

Der Wanja schaut und nickt und lacht:
„Wir haben wirklich diese Nacht
gemeinsam friedlich zugebracht. –
Was so ein Schneesturm alles macht!“

Tilde Michels

 

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Vorfreude

Zu der wirklichen Vorfreude auf das Fest gehört für mich das Entdecken der kleine Wünsche bei meiner Familie und bei meinen Freunden. Schenken muss immer von Herzen kommen nur dann erreicht es den Beschenkten. Schenken ist für mich immer so, dass ich eigentlich die Beschenkte bin, wenn ich die Freude oder das Erstaunen  meiner Lieben sehe. Jedes aus Herzen kommende Geschenk macht uns reicher und man ist dem Anderen ganz nahe.
Einmal fragte mich ein Freund: „Was wünscht du dir denn zu Weihnachten von mir? Du kannst es mir ruhig sagen.“ Unerwartet hatte ich einen Wunsch frei, und ich überlegte kurz. Was sollte ich mir wünschen?? Ein Gartenbuch, einen glitzernden Stein, einen warmen Umhang… Ich sagte: „ Ich wünsche mir etwas Zeit mit dir, einen Spaziergang zurück in die Vergangenheit und vorwärts in die Zukunft. Ich wünsche mir ein offenes Ohr für meine Sorgen und für meine Träume. Und ich möchte dir das Gleiche schenken.“ Es war eines meiner schönsten Weihnachtgeschenke.
Zeit haben, den Anderen wirklich s e h e n, genau zu erspüren das ist das schönste Geschenk, das macht die Vorfreude auf das Fest aus, die ich Ihnen, den Besucher meiner Homepage ganz fest wünsche.

 

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Gedicht von Theodor Storm

Vom Himmel in die tiefsten Klüfte
Ein milder Stern herniederlacht;
Vom Tannenwalde steigen Düfte
Und hauchen durch die
Winterlüfte,
Und kerzenhelle wird die Nacht

Mir ist das Herz so froh
Erschrocken.
Das ist die liebe Weihnachtszeit!
Ich höre fernher Kirchenglocken
Mich lieblich heimatlich verlocken
In märchenstiller Herrlichkeit

Ein frommer Zauber hält mich
Wieder,
Anbetend, staunend muss ich
Stehn;
Es sinkt auf meine Augenlieder
Ein goldner Kindertraum
Hernieder,
Ich fühl`s ein Wunder ist
Geschehn.

Theodor Storm

 

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Traumbescherung
 

Ich habe mir was ausgedacht,
Das mir aber keiner lacht
Dieses Jahr zur Weihnachtszeit,
Da beschenk ich alle weit und breit,
Alle Leut – ihr glaubt es kaum?
Jeder kriegt von mir `nen Traum:
Raben die Trompete blasen,
bring ich mit, karierte Hasen,
Eine Fuhre Gummibärchen,
Dreizehn Flaschen voller Märchen,
Bäume die spazieren gehen,
Stunden die ganz stille stehen,
Hunde die sich reiten lassen,
Frisch gebrat`nes Eis in Massen,
Schnelle Autos für die Kinder,
Einen Zauber – Wunsch – Zylinder,
Extra – Väter, nur zum Spielen,
Bälle die von selber zielen,
Eine Müllkippe zu Hause,
Und `ne Limonadenbrause,
Betten die im Dunklen fliegen,
Masern die wir niemals kriegen,
Sommerschnee auf Rodelwiesen,
Aufblasbare bunte Riesen,
Feuerchen die knisternd brennen,
Mütter die nicht schimpfen können,
Badeseen an den Ecken,
Lutschbonbons so lang wie Stecken,
Schulen, nur zum Lachenlernen,
Flugzeugtaxis zu den Sternen,
Sofas, um drauf rumzuspringen,
Lieder die sich selber singen,
Pulver zum Unsichtbarmachen,
Ein paar kleine zarte Drachen,
Katzen, die auf Rollschuh`n rennen,
Morgenstunden zum Verpennen,
Wände, um sie anzumalen,
Nüsse, ohne harte Schalen,
Einen Löwen zum Liebkosen,
Und statt Ärger rote Rosen.
Hier ist die Bescherung aus.
Sucht für euch das Beste raus!
 

Gina Ruck-Pauquet

 

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Gewürzpomander

Haben sie das auch schon erlebt?
Vor etwa zwei Jahren besuchte ich eine alte Freundin zur Weihnachtszeit. Das Haus war erfüllt von einem köstlichen, frischen, belebenden Duft. Irgendwann hatte ich das schon mal geschnuppert.
Ein Duft der mich weit zurück in die Kindertage brachte. Nelken und Zitronen… eine warme Stube und eine silberne Schale.. darauf mit Nelken verzierte Orangen und Zitronen…

Gewürzpomander
Kaufen sie kleine gute hartschalige Orangen und Zitronen, die Schale sollte unversehrt sein. Dann stechen sie mit einer Stopfnadel verschlungene Muster in die Früchte und drücken in jedes Löchchen eine Gewürznelke. Die Zitrusfrüchte trocknen nun ganz langsam aus, und verströmen dabei den unvergleichlich herben belebenden Nelkencitrusduft, der den ganzen Raum erfüllt, und man fühlt sich gleich in  die bunte Duftwelt von Tausend und Eine Nacht versetzt.

 

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